Schulbuch oder Tablet?

Gerade wieder aktuell preschen unsere lieben Politiker wieder vor mit Ideen, den Schulalltag durch Digitalisierung zu verbessern. Die Staatsministerin für Digitalisierung im Kanzleramt Dorothee Bär (CSU) gab dazu in einem Interview die These aus, der Schulpack sollte nur folgendes enthalten: Tablet, Sportzeug und Schulbrot. Doch wie sinnvoll ist es überhaupt, die Bücher und Hefte gegen ein Tablet zu tauschen?

Es geht schon damit los, wie teuer ein Tablet ist. Selbst die Billigvarianten kosten 250-400 EUR. Dafür kann man genug Hefte, Tinte und Schulbücher für 2 Kinder bezahlen. Natürlich, die Bücher stellt ja die Schule und dann wäre es mit dem Tablet doch dasselbe! Also alles viel günstiger? Nein. Sagen wir ein Schulbuch kostet 30 EUR und das Kind benötigt 10 davon. Macht 300 EUR, genau soviel wie ein billiges Tablet. Das Tablet hält aber nur für circa 2 Jahre, während die Schulbücher meist 10+ Jahre im Einsatz sind. Pro Jahr kosten also die Tablets im Beispiel 150 EUR, die 10 Bücher jedoch nur 30 EUR.
Klar, das ist stark vereinfacht, aber man sieht in welche Richtung das Ganze geht. Das Tablet ist substanziell teuerer und das dürfen dann die Eltern wieder mit höheren Steuern bezahlen.

Der Strom ist das nächste Problem. Bis zum Nachmittag hält der Akku für gewöhnlich nie, wenn man viel mit dem Tablet „arbeitet“. Also alle Schulbänke verkabeln? Durchaus möglich. Aber sinnvoll? Die Kosten sind hoch und nach ein paar Jahren wird man täglich in den Klassenräumen mit nicht mehr funktionieren Steckern, Kabeln, etc. konfrontiert. Wer sich noch an den Musikunterricht erinnert, als der Lehrer noch selbst die Töne auf dem Klavier angeschlagen hat (ebenfalls ein Stück Technik, wenn auch nur analog) der kann sich auch noch dran erinnern, wie schnell eine Stunde vergeht, ohne etwas zu lernen, wenn der Lehrer das Klavier neu stimmen muss.
Wie viel Zeit dann mit sinnlosem Kabelentwirren, Kabeltauschen etc. verloren geht mag man sich gar nicht vorstellen.

Überhaupt, umweltschonend ist was anderes. Der Strom muss produziert werden und selbst, wenn man den Bedarf mit Solarzellen deckt bleibt immer noch die grausige Wahrheit, dass jedes Tablet mit den verbauten seltenen Erden, dem Akku und dem Plastikgehäuse ein echtes Wunder der Umweltzerstörung ist. Das blendet man gerne aus, aber umweltschonend ist was anderes. Alte Bücher (und nach persönlichem Belieben auch die alten Schulhefte) landen einfach in der Papiermühle und werden zu neuem Papier.

Auch sind die Geräte eben leichter zu beschädigen, als Bücher und Hefte. Fällt es herunter, zerberstet der Bildschirm in 1000 Scherben. Bei Papier gibt’s einen kleinen Knick oder eine abgenutzte Kante und das war’s. Aber Gottseidank gehen Kinder ja immer sehr pfleglich und sorgsam mit Ihren Sachen um. Wer hätte denn schon je gehört, dass ein Kind seine Sachen beschädigt?
Ironie beiseite. Man kennt das Problem, und ich kann mir auch manches Kind vorstellen, welches die alte Ausrede „Der Hund hat meine Hausaufgaben gefressen“ modernisiert zu „Ich würde es Ihnen gerne zeigen, aber mein Tablet ist runtergefallen.“ So ist die Ausrede für Faulheit nur einen kleinen Stups von der Tischkante entfernt.

Sowieso beschwert sich ja die ganze Welt, dass die Kinder heute nicht mehr genug draußen spielen, sondern nur noch auf Bildschirme glotzen. Aber wir wollen das Problem nur verschlimmern und die Kinder gleich an die Bildschirme und Geräte festkleben. Die ganzen Schulstunden sollen Sie auf den Screen glotzen. Und wenn Sie dann mal rausdürfen kann man den Schulpack nicht mehr einfach auf die Wiese knallen oder einfach unter einen Baum stellen und mit den Anderen in der Natur rumtollen, denn nun liegt ja etwas wertvolles im Schulpack, das leicht geklaut wird.
Schulbücher klaut keiner, Tablets eben schon.
So ist das Kind quasi an seinen Schulpack gekettet und kann nicht ohne Ihn schnell spielen und, weil das Gerät ja leicht zu beschädigen ist, auch nicht mit diesem.

Erwiesen ist inzwischen auch, dass man sich viel mehr merken kann und viel effektiver lernt, wenn man mit der eigenen Hand schreibt, oder ein physisches Buch in der Hand hat, in dem man blättern kann. Das möchten viele Fortschrittsgläubige nicht wahr haben, aber das ändert nichts an der Realität. Warum man es also den Kindern schwerer machen will, zu lernen ist mir persönlich nicht ersichtlich. Die Schulhefte abzuschaffen wäre also absolut irrsinnig. Wer von Hand mitschreibt lernt mehr und schneller, denn es bleibt einfach viel mehr haften.
Hier übrigens ein früherer Artikel, warum Handschrift wichtig ist.

Und wem das alles noch nicht genug gute Gründe sind, dem sei folgendes Argument ans Herz gelegt. Genau wie viele Ideologien a la Kommunismus scheitert das Ganze an der menschlichen Psyche. Denn jede ach so hochtrabende Vorstellung, wie der Mensch sich zu verhalten habe scheitert daran, wie er sich tatsächlich verhält.
In diesem Fall: Wer glaubt, dass Kinder nicht jede unbeobachtete Sekunde sofort die Lernapp schließen, um sofort auf Youtube zu wechseln, lustige Bilder anzusehen oder sonst etwas zu machen, was mehr Spass als lernen verspricht, der ist ziemlich schief gewickelt.
Und wer jetzt sagt, dass seie kein Problem, man müsse die anderen Apps nur blockieren, der läuft genau so in die Irre. Wer glaubt, ein Kind würde ein reines Lerntablet öfter in die Hand nehmen als das Schulbuch, nur weil es digital ist, der hat einen Vogel.

In kurz, Tablet statt Schulbuch nützt niemanden. Aber was wären wir nur, wenn man sich in der Politik nicht mit blindem Aktionismus und frommen Versprechungen profilieren könnte?

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