Road to Success (Kurzgeschichte)

Die Sonne schien unerbittlich und verwandelte die Welt in ein glühendes Ödland. Johns Wagen rollte über den brennend heißen Asphalt der Straße, jede Unebenheit ausfedernd. Die Klimaanlage lief auf vollen Touren, doch er konnte kaum mehr als ein angenehmes Sirren wahrnehmen, während er das Radio noch ein weiteres Stück aufdrehte. Hit the road, Jack. Er mochte das Lied sehr. Genau so wie seinen SUV.
Er konnte sich nicht beschweren über seinen Namen. Aber in Momenten wie diesen bedauerte er es, dass seine Eltern; Jill und Ethan Hanks; Ihn nicht Jack getauft hatten.
Die Sonnenbrille zurückschiebend lies er den Blick gelassen über die Einöde schweifen. Verdorrte Büsche, schlappe Bäume, selbst das Gras wurde schon braun an den Stellen, wo die Erde vom Teer der Straße abgelöst wurde. Hanks dachte nach, wie lange die Hitzewelle nun schon dauerte. Er konnte sich nicht erinnern. Anderseits war es Ihm auch egal.
Der Refrain schallte durch die Lautsprecher und er begann, seine Version mitzusingen. Hit the Road, John.
Es war sein Job, durch die Pampa zu fahren, um neue Kunden für Scarab Industries zu gewinnen. Dümmlicher Name, aber gute Bezahlung. Er mochte seinen Job. Als Starverkäufer hatte man Ihm einen teuren, 2 Tonnen schweren Luxuswagen genehmigt. Ausländischer Import. Er trat auf das Gas und lies den Motor aufheulen.
Hanks Leben war großartig. Fast. Sein gefälliges Lächeln wurde hart und ein Schneidezahn blitzte abfällig hervor, während sich Grübchen um seine Nase formten. Sein Sohn war ja in Ordnung. Strebsam, dynamisch und vor allem gehorsam. Aber seine Tochter! Totaler Gegensatz. Wen Gott straft, dem schenkt er Töchter. Sie hatte einen neuen Freund. Biker. Wenn er schon auftauchte mit seiner dreckverklebten Lederjacke und seinem lächerlichen Ritterhelm. Kam sich so groß vor, wenn er mit dem verchromten Eisenhaufen in seine Einfahrt donnerte. Warum wurden diese Krachmacher nicht verboten? Und immer dieser Gestank von Benzin, Öl und Abgas. Wenn er nicht gerade nach Lederpflegemittel stank. Wie er Motorradfahrer hasste.
Was fand seine Tochter nur an Ihm? Saß an seinem Tisch und wagte es mit seinen öligen Dreckfingern über die zarten Händchen seiner Tochter zu streicheln, wenn er nicht gerade irgendetwas dreckig machte oder sich mit den Händen durch die zerzausten Haare fuhr. Wahrscheinlich, um sich das Öl in die Haare zu schmieren. Und Sie fand das auch noch cool.
John hatte nie verstanden, wie man auf einem so unbequemen und schwachsinnigen Objekt wie einem Motorrad fahren konnte, wenn man ein Auto mit Klimaanlage und Surround Sound haben kann. Biker. Wenn die Sonne schien stanken Sie nach Schweiß und wenn es kühler wurde froren Sie sich den Arsch ab. Unsicher war es auch noch. Was sollte man schon von einer Maschine halten, die nicht mal von selbst stehen konnte? Einmal hatte er beim Einkauf im Walmart gesehen, wie jemand beim herausmanövrieren aus dem Parkplatz eine Harley gestreift hatte und diese Umfiel wie ein Sack Kartoffeln. Der Wagen flüchtete unter den lauten Flüchen des fetten Motorradfahrers, der Probleme hatte, seinen Schrotthaufen wieder hochzukriegen.
John musste jedes Mal wenn er daran dachte lächeln. Seit dem passierten Ihm auch ab und zu solche Missgeschicke. Autoreparatur auf Firmenkosten, versteht sich.
Er blickte auf die Kurve und sah Jemanden, der Ihm zu winkte. Hank kniff die Augen zusammen, um Ihn besser erkennen zu können. Lederjacke. Auch dass noch. Ein kurzer Blick tiefer in die Kehre bestätigte seinen Verdacht. Ein Motorrad stand am Straßenrand.
Einfach Ignorieren, dachte sich John. Leider dachte der Motorradfahrer etwas anderes und sprang auf die Fahrbahn. Für einen Moment sinnierte er über die Chancen, weiterzufahren und es vor Gericht als Auffahrunfall darzustellen, bevor er schnaubend auf den Seitenstreifen zum stehen kam.
Der Motorradfahrer kam auf Ihn zu und beugte sich zum Seitenfenster herunter. Wie er schon grinsend dastand in seinen schwarzen Klamotten. Kannten Motorradfahrer keine anderen Farben? Widerwillig lies er die Fensterscheibe herunter.
„Was ist?“
„Danke, dass Sie angehalten haben. Mein Motorrad hat einen Platten bekommen. Irgendein Autofahrer wird wohl eine Schraube verloren haben. Und hier auf diesem Abschnitt der 52sten kommt fast keiner vorbei, weil die alle erst 10 Kilometer später von der 63sten her einbiegen.“
John sah an Ihm vorbei auf das Motorrad. Schwarz stand es da, mit silbernem Lenker und 4 verchromten Rohren, die sich aus dem knisternden Motor schlängelten wie Anakondas, nur um sich zu vereinen zu zwei ebenso glitzernd verchromten Auspuffen. Er konnte das Flirren der Luft an den Kühlrippen sehen. Erst jetzt fiel ihm der Geruch auf. Ein kurzer Blick auf den Biker bestätigte seinen Verdacht. Schweißperlen sammelten sich auf seiner geröteten Stirn und das Hemd unter seiner, von Fliegenleichen überzogenen Lederjacke triefte vor Nässe. In kurz, er schwitzte wie ein Schwein. War wohl schon länger hier in der Sonne am braten.
Hanks stellte wieder Augenkontakt mit seiner neuen Bekanntschaft her und begann zu lächeln.
„Wissen Sie was, ich habe etwas für Sie.“ Der Unbekannte starrte Ihn etwas verwirrt an.
„Haben Sie etwa Reifenflickzeug dabei?“
Hanks lächelte noch immer, und es wurde breiter. „Viel besser. Einen Rat. Kaufen Sie sich ein Auto, Looser.“ und trat so stark auf das Gaspedal, dass der Wagen einen Satz nach vorne machte, bevor er brausend davonfuhr.
20 Minuten später war John endlich angekommen bei der Zentrale von BREWKO Inc., der Firma, die Ihm einen neuen Millionenkontrakt und eine Beförderung einbringen sollte. Bestens gelaunt betrat er die Lobby, in der Ihn bereits eine hübsche Sekretärin erwartete. Sie bat Ihn kurz Platz zu nehmen im Besprechungsraum und entschuldigte sich für einen Moment. John betrachtete die Auswahl an expressionistischen Bildern, mit denen der Raum dekoriert war. Wäre er ein größerer Kunstkenner, so hätte er erkannt, dass es sich um eine geschmackvolle Auswahl der Werke von Monet, Chagall und Matisse handelte. Da er aber nie viel für Kunstgeschichte übrig hatte, gab er sich damit zufrieden, dass die Künstler mit den unleserlichen Unterschriften verdammt schöne Seerosen malen konnten.
Die Sekretärin kam wieder herein und begann, Kaffee in die bereits zuvor platzierten Kaffeetassen zu gießen. Sie trug ein schönes Kleid. Fliederfarben und kurz. Es gefiel ihm. Über den Ausblick auf Ihre schönen Kurven bemerkte er erst gar nicht, wie Sie irgendetwas sagte. Sein perplexer Blick musste Ihr aufgefallen sein, denn Sie wiederholte sich noch einmal. „Wie gesagt, es tut mir schrecklich leid, dass Sie noch etwas auf unseren Chef warten müssen. Gerade hat er angerufen und gesagt, dass es noch etwas dauern wird, und hat darum gebeten, von einem unserer Fahrer abgeholt zu werden. Er hatte nämlich einen Platten mit seinem Motorrad.“

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